Man hätte dem Namensgeber dieser Persönlichkeitsstörung vermutlich Unrecht getan, schriebe man ihm all das zu, das heutzutage mit Narzissten in Verbindung gebracht wird. Dem griechischen Mythos zufolge verliebte sich der junge Narziss in sein eigenes Spiegelbild, ertrank im Wasser und verwandelte sich in eine Blume.
Diese romantische Vorstellung dürfte wohl vielen Zeitgenossen wesentlich angenehmer erscheinen, als das, was sie tagtäglich, in einer Beziehung, mit einem narzisstischen Menschen ertragen müssen. Vielen Opfern dieser Täter und Täterinnen ist dies nicht einmal bewusst. Sie leben in einer Blase, an einem Tropf, der vom Narzissten, je nach Tageszeit, entweder mit Zuckerwasser oder Gift befüllt wird. Geschickt verdünnt, damit nicht auffällt, welche Zutat gerade den Blutkreislauf des eigenen Gemüts beeinflusst und vergiftet.
Wer es nach jahrelangem und unfreiwilligen Dauerkonsum geschafft hat, sich diese Nadel aus dem Arm zu reißen. Respekt. Wer dann noch unbeschadet und ohne Therapieplatz sein Leben weiter führen kann, gehört zu den kugelsicheren Menschen, denen niemand etwas anhaben kann.
Vielleicht merkst du selbst, dass etwas in deiner Beziehung nicht stimmt, aber du kannst es nicht genau benennen. Achte auf die Erkennungszeichen, meist sind sie schleichend. Toxische Beziehungen können unsere Seele und unser Selbstwertgefühl schwer verletzen.
Erkennungszeichen einer toxischen Beziehung
- Kritik und Herabsetzung: Dein Partner macht abfällige Bemerkungen über dich. Egal, was du tust, es scheint nie gut genug zu sein.
- Kontrollverhalten: Dein Partner möchte alles kontrollieren – was du trägst, mit wem du dich triffst und wie du deine Zeit verbringst.
- Isolation: Dein Partner versucht, dich von Freunden und Familie zu isolieren. Deine Kontakte lösen sich von dir oder / und du löst dich von ihnen.
- Manipulation: Dein Partner dreht Situationen zu seinen Gunsten und lässt dich an deiner Wahrnehmung zweifeln. Oft fühlst du dich verwirrt und unsicher.
- Emotionale Erpressung: Dein Partner nutzt Schuldgefühle, um dich zu kontrollieren. Du machst Dinge, die du nicht willst, nur um Streit zu vermeiden oder um ihn nicht zu verletzen.
- Unvorhersehbare Wutausbrüche: Dein Partner reagiert oft unvorhersehbar wütend oder aggressiv.
Seelische Auswirkungen
Eine toxische Beziehung kann tiefgreifende seelische Wunden hinterlassen:
- Niedriges Selbstwertgefühl: Ständige Kritik und Herabsetzung können dazu führen, dass du an dir selbst zweifelst und dein Selbstwertgefühl schwindet.
- Depression und Angstzustände: Das Leben in ständiger Unsicherheit und Angst kann zu ernsthaften psychischen Problemen führen.
- Isolation und Einsamkeit: Durch die Isolation von Freunden und Familie fühlst du dich oft allein und hast niemanden mehr, mit dem du reden kannst.
- Verlust des Selbst: Du passt dich so sehr an die Erwartungen deines Partners an, dass du dich selbst verlierst und nicht mehr weißt, wer du bist und was du möchtest.
Wege aus der Situation
- Erkenne das Problem: Der erste Schritt ist zu erkennen, dass du dich in einer toxischen Beziehung befindest. Schreib dir die Verhaltensweisen deines Partners auf und reflektiere darüber.
- Rede mit jemandem: Suche das Gespräch mit einer vertrauten Person. Freunde und Familie können dir emotionale Unterstützung bieten und dir helfen, die Situation klarer zu sehen. Oft sind vertraute Menschen aber schon Co-Opfer dieser Beziehung geworden und stehen dir nicht mehr zur Verfügung. Du kannst dir dann vorab Hilfe bei den Beratungsstellen weiter unten suchen.
- Suche professionelle Hilfe: Ein Therapeut oder Berater kann dir helfen, deine Gefühle zu ordnen und Strategien zu entwickeln, um die Beziehung zu beenden.
- Plane deine Sicherheit: Wenn du entscheidest, die Beziehung zu beenden, plane deine Schritte sorgfältig. Überlege, wo du hingehen kannst und wie du sicher sein kannst.
- Gib dir Zeit: Heilung braucht Zeit. Sei geduldig mit dir selbst und gönn dir die Zeit, die du brauchst, um dich von den seelischen Wunden zu erholen.
Beratungsstellen in Deutschland
Hier sind vier Beratungsstellen, an die du dich jederzeit wenden kannst:
- Telefonseelsorge: Unter der Nummer 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 erreichst du rund um die Uhr Ansprechpartner, die dir weiterhelfen können. Auch online unter telefonseelsorge.de.
- Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: Unter 08000 116 016 bekommst du anonym und kostenlos Unterstützung. Auch online unter hilfetelefon.de.
- Hilfetelefon „Männerhilfetelefon“: 0800 1239900. Online unter maennerhilfetelefon.de
- Weißer Ring: Der Weiße Ring bietet Unterstützung für Opfer von Kriminalität und Gewalt. Du erreichst sie unter 116 006 und online unter weisser-ring.de.